Als die Böhler noch fischten
ein Stück Reichenauer Geschichte – Xaver Böhler war ein geschickter Erfinder…
Im Spätjahr 1986 wurde die Fischhandlung in Oberzell auf der Insel Reichenau als „Fischhandlung Böhler“ wieder neu eröffnet. Damit lebte zwar der Firmenname weiter, die Ära der Fischer in Niederzell war jedoch mit dem Tod von Xaver Böhler zu Ende gegangen. Aus der Fischhandlung am Gnadensee im Schatten der Kirche St. Peter und Paul wurden Ferienwohnungen, die Witwe von Xaver Böhler musste das Geschäft in jüngere Hände geben. Diese Familie und das Geschäft an dieser Stelle prägten jedoch ein Stück Reichenauer Geschichte.
Sie sind eine Erinnerung wert…
Die Fischhandlung „Gebrüder Böhler“ in Niederzell war stets mehr als nur ein Fischgeschäft.
Die Böhlers fischten selber, so dass das ganze Anwesen umgeben war vom Ambiente der Fischerei. Da hingen die Schwebnetze zum Trocknen, Aalreusen warteten auf den nächsten Einsatz, jede Menge Behälter, Angeln, Silkrollen und Fischerboote rundeten das Erscheinungsbild ab. Babtist Böhler traf man am späten Vormittag meistens bei den Netzen an, wo er die Löcher flickte. Ein idyllisches Bild für Außenstehenden. Für die Betroffenen ein bitterer Ernst, wenn der Sturm mal wieder alles verfetzt hatte. Gegründet wurde der Betrieb von Johann Babtist Böhler und Berthold Böhler um 1925. Auch nach seinem baldigen Ausscheiden von Berthold Böhler hieß es bis zum letzten Tag Gebrüder Böhler. Die Handlung verkaufte damals beispielweise Teile eines Zuggarns und sicherte sich dadurch die Loyalität vieler Fischer. Das Geschäft war Anlaufstelle für den Gnaden- und Untersee auf der deutschen Seite. Die Fischhandlung selbst bestand aus einem großen Raum mit Arbeitstischen, Schläuchen, Hälterbecken, Kühlraum, Eismaschine und einer Waage. Überall stieß man auf Xaver Böhlers kleine Erfindungen zur Arbeitserleichterungen. Sei es das Sandpapier auf den Filierbrettern, die biegsame Welle zum Kretzer schuppen, die automatische Türöffnung aus Silkfaden oder das Riemenschloß mit dem Schraubenziehergriff, um Hecht zu putzen. In den Blütenzeiten reichten die Geschäftverbindungen weit in den Schwarzwald, bis ins Rheintal. Auch die Expressverbindung klappte damals besser als heute. Alles wurde vom Reichenauer Bahnhof in Körben, zusammen mit viel Roheis, verschickt. Der alte Lieferwagen gehörte zum täglichen Erscheinungsbild der Insel, mit dem die Böhlers über den Damm zum Bahnhof zuckelten.
Für Feriengäste war die Fischhandlung eine Attraktion und meist die erste Konfrontation mit lebend-frischen Fischen. Wenn geräuchert wurde und der zarte Duft die Geschmacknerven intensivierte, kam man nicht daran vorbei, eines dieser gold-gelben Exemplare mit nach Hause zu nehmen. Auf der Insel Reichenau lag die Fischerei lange in den Händen des Klosters und nach der Aufhebung wurden Reichenau, Allensbach und Markelfingen Domänengüter. Es gab Fischereiordnungen, die älteste stammt aus dem Jahre 1553. Es gab oftmals harte Zeiten für die Fischer, wenn die Fänge klein waren, Erst mit den Fischbrutanstalten begannen sich die Quoten einzupendeln. Auch die Seeverschmutzung in den fünfziger Jahren machte der Fischerei zu schaffen. In diesen Krisenzeiten wurde der Sohn Xaver mit seiner Frau Johanna ins Geschäft mit aufgenommen.
Xaver war zu damaliger Zeit oft in den Zeitungen zu finden mit seinen außergewöhnlichen großen Wels-Fängen. Aber auch sonst machte er von sich reden. Mit der Erfindungen seiner Kretzerputzmaschine ging diese sonst mühevolle Arbeit ruckzuck von der Hand. Leider hatte er nicht das Geld zur Patent-Anmeldung und die biegsame Welle machte ein Elektro-Meister zu klingender Münze.